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»DER
SCHREITENDE LEIB«
Die
Piraten der Kokosnuß
Ein
erster Bericht von der SUCHE NACH PARSIFAL
in Richtung Frankfurt
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7.
September: SCHREITENDER LEIB und
CHURCH OF FEAR - Die mit Pech
beschriebe-nen Segel unseres stolzen Zweimasters sind bis zur Naht
mit strengem Wind getränkt. Regen erwartet uns in Remagen, Ablegehafen
des dritten Tages. Am »Hotel Anker« lichten wir selbigen,
um an der »Brücke von Remagen«, benannt nach dem
gleichnamigen US-Propa-gandafilm, die Etappe offiziell zu eröffnen.
Hier wird ruinöse Kulisse zur Wirklickeit, den Remagens einzige
Sehenswürdigkeit ist nicht mehr als ein großes Loch zwischen
zwei Brückenpfeilern. Eine optische Täuschung und Enttäuschung,
gerade so, als karre man japanische Touristen zum Bundeskanzleramt,
um ihnen dann einen Bombenkrater zu servieren. Was nicht ist, kann
ja noch werden... Die Geschichte Remagens ist maßgeblich von
Kriegen geprägt - Kriege um Weltherrschaft und Kriege um Apefelbäumchen,
deren zarte Knopsen unerlaubterweise in Nachbars Garten ragen. In
einem Schaukasten an einem der übrig gebliebenem Pfeiler heißt
es: »Kriege - das Schicksal der Stadt«. Die CHURCH
of FEAR verweigert sich wahrlich als letzte, dieses Schicksal
zu teilen!
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Die
Brücke selbst - statt zu verbinden - war stets sprudelnder Quell
der Angst. Zurecht: Am 17. März 1945 wurden Bauwerk und dazu
gehörige Stadt von amerikanischen Invasoren völlig zerstört.
Wenige Wochen danach entstand zwischen Remagen und Kripp eine riesiges
Lager mit 300.000 deutschen Kriegsgefangenen. Mittlerweile wird es
als Auffanglager für beken-nende Terrorgeschädigte genutzt
und im Vorbeigehen von der Pilgerschar besucht. »Wir freuen
uns, daß Sie die Kraft gefunden haben, sich zu Ihrer Angst zu
bekennen, um im Namen der Church of Fear zurück zu schlagen«,
spricht Schlingensief den am Zaun versammelten Lagerinsassen das Vertrauen
aus.
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Dort
warten 9 Neuzugänge aus Stuttgart, um sich der 43-köpfigen
Besatzung anzuschließen, unter ihnen Irene (33) und Gabi (36).
Beide haben beim Bombenanschlag auf den Dresdner Hauptbahnhof einen
Koffer verloren und sich über diesen Umweg kennen gelernt.
In einem kurzen Geleitwort erinnert Gemeindemitglied Christoph Schlingensief
an seinen Onkel Hein-rich, der Anfang der siebziger Jahre mit Werbe-slogans
wie »Doornkaat, heiß geliebt und kalt getrunken«
in die Mühlen einer von unverhohl-ener Lüge lebenden Industrie
geriet, um Mitte der achtziger Jahre unter dem Vorwand der Pensionierung
in den Untergrund zu gehen. Untermalt vom Gesang eines nepalesischen
Schamanen folgt ein Gebet an die Götter des Terrors, die wir
bereits in uns wähnen. Dem Schamanen folgt Gesang Nr. 266 aus
dem Liederbuch der Angst: Oh, du schöner Westerwald!
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Entlang
der Prozessionsroute vertreiben sich viele Schläfer die zeit
bis zum d-day mit Fahrrad-touren. Eine von anderen Bewohnern unserer
gestrigen Jugendherberge gebastelte Bomben-attrappe wird in einer
improvisierten Zeremonie in einem Abfalleimer am Wegesrand deponiert.
Mit Rheinkieseln legen COF-Pilger
die Losung des Aktes ins Gras: »Erlösung ohne Untergang«.
Per Megafon fordert Gemeindemitglied Christoph Schlingensief einen
vorüber ziehenden Touristen-dampfer zum »sofortigen Auflaufen«
auf. Die Menschen an Bord scheinen den Ernst der Lage zu erkennen
und winken um ihr Leben. Unweigerlich werden Erinnerungen an den
11. September wach, den es auch in diesem Jahr wieder geben soll.
Nach der Harvarie sorgt Schlingensief für erste Orientierung:
»Bleiben Sie um Himmels Willen nicht auf der Sandbank stehen!
Gehen Sie weiter, von Bord der Realität direkt in die Politik
und bleiben Sie 40 Jahre auf einem Bein stehen!« Hinter dem
aufgebockten Dampfer kommt es beinahe zur Kollision zweier Frachter.
Die mitwandernde Gabi ist von den Ereignissen latent überfordert:
»Irgendwann einmal habe ich das Ganze ja eher für ein
Kunst-projekt gehalten. Jetzt ist mir die Church of Fear fast schon
zu real.« Der Gewinner des venezia-nischen Pfahlsitzens, Ralf
Baumgarten, der seit der Kölner Domplatte dabei ist, versucht,
die Fotografiestudentin neu zu motivieren: »Angst ist geil.
Angst macht geil. [schreit] Terror für alle!« Seine Verwundetenversorgung
schafft einen beinahe magischen Moment, der nicht nur Gabi noch
lange in Erinnerung bleiben wird.
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Magie
auch an der Kapelle zur Schwarzen Madonna am Ortsausgang Remagen
in Richtung Kripp. Die knapp 60-köpfige COF-Gruppe
legt eine kurze Rast ein und meditiert. Ein Bronze-schild erinnert
an die furchtbare Amokfahrt eines radikalen Hinduisten vor nunmehr
elf Jahren. Er raste mit seinem Auto in eine Gruppe Betender und
tötete vier von ihnen. Neun Jahre vor New York war diese Begebenheit
gerade mal der Lokalpresse eine Erwähnung. »Auch deshalb
müssen wir radikaler werden, in unserem Denken und unserem
Handeln: damit man uns wahr-nimmt, damit man uns ernst nimmt und
unsere taten auf Bronzeschildern würdigt.« Zu Füßen
ihrer Statue ein Merkspruch der Madonna, die Schlingensief nur zustimmen
kann: »Frühere Fehler dürfen nicht wiederholt werden.
Vergel-tung ist Liebe und Haß der Boden, auf dem innerer Frieden
gedeihen kann.« Derart versorgt marschiert der SCHREITENDE
LEIB durch Kripp. Gelassenheit zu den Dingen und Offenheit
für das Geheimnis wird mit einer Einladung zur Löwendressur
im dort gastierenden Zirkus Atta belohnt, dessen Betreiber über
Ecken mit dem Schlingensief bestens bekannten Zirkus Sperlich verwandt
sind. So schafft das Vertraute im Fremden neue Kraft. Über
einen Wanderweg am Rhein entlang geht es weiter nach Bad Breisig.
Auf halbem Wege hat COF-Mitglied
Fabio aus Bologna einen Erfrischungsstand aufgebaut und begrüßt
die Durchreisenden mit Mineralwasser und Eis.
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Der
Einzug in Bad Breisig wird mit einer offiziellen Aufforderung zum
persönlichen Terror genutzt. Entlang der Rheinpromenade schauen
verdutzte Cafebesucher dem Zug hinterher. Verängstigte Kurgäste
werden mit der Präsentation von »Hoch auf dem gelben
Wagen« befriedet. Volkslieder sind Botenstoffe. Gemeinsam
mit Spaziergängern passiert man singend die Tempelgasse, anschließ-end
kommt es zu einer spontanen Koalitionsver-handlung mit drei Schwestern
vom Orden der Gnädigen Mutter Gottes, Neu Dehli, die aus Bombay
bereits von der CHURCH of FEAR
ver-nommen haben. Vor der Rheinüberquerung fängt die COF-Küche
die Prozession ab, serviert Kaffee und Pflaumenkuchen. Bäckermeister
Blesgen aus Bad Breisig, Mitglied der COF-Gemeinde
Köln, spendiert Pannetone aus eigenem Ofen (www.blesgen-1878.de).
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Daß
die Überfahrt mit einem Fährschiff namens »Santa Maria«
geschieht, wertet keiner der Mitreisenden als Zufall. »Das Schicksal
hat sich uns längst angeschlossen«, merkt Sympathi-santin
Verena aus Hamburg die ständige Ver-größerung der
Gruppe an. Tatsächlich betritt man am gegenüberliegenden
Ufer komplettes Neuland: »Kommt in die Gänge! Startet den
Motor im Kopf!«, bittet Schlingensief die Nicht-gläubigen
an Land. Rheinbrohl hat geflaggt, eine schöne Überraschung,
die auf dem Rathausplatz noch Steigerung erfährt. Dort hat die
Dorfge-meinschaft »Freunde der Angst« mit Genehm-igung
des Ordnungsamtes einen Autoscooter organisieren können und spendiert
Freifahrten für alle Pilger. »Wir dachten, so können
Sie mal die konkrete Kollision proben«, bittet Alexander, »Freund
der Angst«, alle in die Wagen. Bis zur abendlichen »Poolnight«,
die auf Flyern als »Reinwaschung von Fremdängsten«
angekündigt wird (www.poolnight.de), kann der LEIB
nicht bleiben. Die Parole »Ich werde kämpfen« am
Ortsausgang verabschiedet die Gruppe aus Rheinbrohl, ein Ort der Angst
im besten Wort-sinn. |
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Weitere Berichte... hier
- Prozessionsroute... hier
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Zur
bevor stehenden Wanderung durch die Wein-berge in Richtung Niederhammerstein
bahnt sich ein weiterer Höhepunkt der Reise an. Gewisser-maßen
aus solidarischen Gründen schließt sich Dadaist und Beckett-Interpret
Harald Schmidt für »ein paar Kilometer der Angst«
an. Auf dem Rieslingweg gleich mehrere Begegnungen der anderen Art.
Ein Transparent kündigt die »Aus- und Aufstellung einer
Terracotta-Armee« an. »Hier scheint es bald los zu gehen«,
kommentiert Schmid den Hinweis auf gewohnt bissige Art und Weise.
Drei BWL-Studenten aus Mainz schütten sich aus vor Lachen,
Schlingensief ruft zur Raison: »Wir sind nicht zum Spaß
hier, merkt Euch das bitte!« Die Trauben werden mit Gospel-chören
beschallt. Ein alkoholisierter Schwarzafri-kaner, der den Pilgern
auf seinem Fahrrad entgegen kommt, fordert die Gruppe auf, sofort
»die Negermusik« abzustellen. Die Welt ist aus den Fugen.
Die CHURCH of FEAR kennt keine
Kompromiße, wechselt entlang der B42 dann aus Gründen
der Abwechslung auf Korangesänge um. Der Troß zieht weiter
über nur spärlich markierte Schotterwege. »Angst
ist mit uns, der Fitzcar-raldo in uns allen«, sagt Lars aus
Lünen, der den Wanderwagen zieht. Was das Stadtbild des Winzerörtchens
Leutesdorf auf seinen Verkehrs-inseln als historische Weinpressen
vorstellt, läßt sich bei genauerer Betrachtung problemlos
als recht moderne Daumenschrauben ausmachen. »Hier sind wir
richtig«, stellt Prozessionsorgani-sator und Kirchenmitglied
Christoph aus Fulda fest. Schlingensief verabschiedet Harald Schmidt,
der zu Fernsehaufnahmen nach Köln zurück muß. »Hat
Spaß gemacht, Freunde!«, sagt er in die Runde und läßt
gegenüber Schlingensief kein gutes Haar an seinem Assistenten
Manuel Andrack, bekannt aus Funk und Fernsehen. »Zu karrieregeil,
zu glatt, ein Anpasser. Nichts für die Kirche der Angst.«
So Ernst hat man Schmidt selten gesehen. Als am Nachtlager »Leuscher
Hof« der Burschenverein Wollendorf ein Willkommensständchen
darbietet, sitzt der Sat.1-Star schon im Zug in die Domstadt, um
dieser ein Stückchen COF
zurück zu bringen.
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